Mittwoch, 31. Januar 2018

Freiwilligenarbeit im Kinderheim in Indonesien

Unsere Herzen pochen wie verrückt. Werden sie uns mögen? Was werden unsere Aufgaben sein? Wie werden wir untergebracht werden? Wir fahren gerade die Auffahrt zum Narayan Seva Children’s Home herauf und schon springen die ersten Kinder vor und um das Auto herum. „Welcome“ und „Hello“ und irgendetwas auf Indonesisch dringt an unsere Ohren. Wir steigen aus und gefühlt 100 Kinderaugen starren uns an. Wir sind noch etwas unsicher, grüßen nur scheu zurück. Zum Glück kommt in dem Moment eine Didi auf uns zu und begrüßt uns. „Didi“, so erfahren wir später, ist nicht etwa ein Name. Es ist vielmehr ein Titel. Ein Titel für eine Frau, die ihre Liebe aufgrund ihres humanistischen Glaubens ausschließlich den Kindern zuteil werden lässt. Es gibt zwei Didis in Narayan Seva. Schließlich sind es auch sehr viele Kinder, bis zu 90, z. Z. „nur“ 76. Am Abend nach ihrer täglichen gemeinsamen Meditation gibt es einen Gesprächskreis. Am ersten Abend stellen sich alle Kinder mit Namen, Alter, Hobby und Schuljahr vor, und das auf Englisch. Da alle sozusagen Schwestern und Brüder sind, sind auch wir nun Sister Joanna und Brother Dennis.
Das Eis ist schneller gebrochen als erwartet, denn die Kinder sind alle sehr offen und sehr neugierig. Die Didis teilen uns keine Aufgaben zu. Sie geben uns absoluten Freiraum selbst zu sehen, was zu tun ist und was wir davon übernehmen wollen. Die erste Aufgabe, die wir uns suchen, ist ein Ausflug zum Wasserfall. Wir mieten ein Bemo, ein alter klappriger Transportbus, der auf wundersame Weise nicht auseinanderfällt, sondern 12 Kinder und uns transportiert. Trotz häufiger Regenfälle haben die Kinder einen schönen Tag. Für sie zählt es, einfach mal rauszukommen. Sie stören sich nicht daran, dass wir nicht im Pool des Wasserfalls baden können.
Natürlich haben wir auch nicht so schöne Aufgaben für uns gefunden: Wir reparieren die Wanduhren, helfen bei der Gartenarbeit mit, stellen das Basketballnetz wieder her und helfen beim Putzen und bei den Hausaufgaben. Fußballspielen ist natürlich Dennis willkommene regelmäßige Kinderbeschäftigung während ich ihnen Grundsätzliches zum Volleyball erkläre oder mit den Kindergartenkids am Vormittag Parcours spiele. Den größten Spaß haben wir, als wir ihnen Völkerball beibringen. Sie verstehen schnell und spielen mit lautem Gekreische und Gejohle.
Natürlich fahren wir ein zweites mal zum Wasserfall, damit noch andere Kinder in den Genuss kommen, und schließlich hat der Norden Balis auch verschiedene zu bieten. Der Strand ist 30 Minuten von uns entfernt, sodass wir auch zweimal Ausflüge dahin veranstalten. Und zu guter letzt laden wir wiederum andere Kinder ein, dieses Mal 18, mieten zwei Bemos und fahren zu einem Schwimmbad, das sich aus einer heißen Quelle speist. Lediglich zwei Kinder können schwimmen, die anderen lassen es sich aber erklären und haben auch Vertrauen, sich von uns halten zu lassen,  sodass am Ende des Tages zwei weitere Kinder schwimmen können. Die wichtigste aller Aufgaben, so ist uns heute klar, ist einfach für die Kids da zu sein. Sei es, dass die Kleinsten nur gekuschelt werden oder die Mittleren mit uns im Baumhaus toben oder die Größeren ihr Englisch aufbessern und ganz nebenbei etwas von unserer Kultur und Lebensweise erfragen und erfahren können. Zu ihrer ganz speziellen Kinderheimkultur gehört, dass alle Geburtstage eines Monats an einem bestimmten Tag gemeinsam im jeweiligen Monat gefeiert werden. Somit hat Dennis Glück und kann bereits am 18.1. seinen Geburtstag gemeinsam mit den anderen Geburtstagskindern feiern. Endlich darf er mal wieder tanzen, weil er das so gern macht. Und das auch noch als Singledance auf der Bühne der Geburtstagskinder, denn schließlich sind im Narayan Seva alle gleich.
Die Verabschiedung fällt schwer, denn alle sind uns ans Herz gewachsen. Die Tage waren anstrengend und wir freuen uns auf die arbeitsfreie Zeit. Doch die Kinder werden wir vermissen. Wir versprechen nicht, dass wir auf jeden Fall wiederkommen, so wie es die Kinder von uns hören wollen, aber wir versprechen, dass wir, wenn wir wieder auf Bali sind, auf jeden Fall vorbei kommen werden.

Freitag, 5. Januar 2018

Thailand

4 Stunden nach dem unspektakulären Grenzübertritt von Kambodscha nach Thailand erreichen wir die Stadt der Engel, auf Thai: Krungthep Mahannakorn oder auch kurz: Bangkok. Wir bleiben zwei Tage in der Stadt. Es ist anders als beim letzten Mal. Es ist sauberer. Es gibt Mülltonnen. Abends auf der Khaosan Road ist es auch nicht mehr ganz so laut (aber immer noch laut genug). Wir beobachten, wie die Polizei zum Abkassieren der Standmieten vorbeikommt. Ein Verkäufer erklärt uns, dass man entweder Monatslizenzen im Voraus erwerben kann oder unverhältnismäßig höhere Tagessätze bezahlen muss. In dieser Konsequenz ist auch das neu. 
Nachdem wir unsere Weihnachtseinkäufe, zwei Lichterketten und Deko, erledigt haben, machen wir uns auf den Weg zu „unserer“ Insel. Es gibt eine direkte Flugverbindung von Bangkok nach Ranong und von dort kann man per Speedboat oder Slowboat, jeweils zweimal täglich, nach Koh Chang fahren. Wir entscheiden uns für die langsamere Variante und nehmen den Nachtzug von Bangkok nach Chumphon und von dort den Reisebus bis Ranong. Es gefällt uns mit der Bahn zu reisen, und gerade diese Strecke hat für uns etwas Traditionelles. Im Zug sind wir ganz überrascht, wieviel mehr an Komfort geboten wird. Die Schlafkojen sind mit 110 cm breiter und die gemäßigte Klimaanlage surrt nur leise. Zudem sind auch die Fahrgeräusche viel geringer als noch vor drei Jahren. Das einzige, was sich zum Glück auch nicht geändert hat, ist, dass um 21:00 Uhr der Schaffner die Betten für jeden einzelnen mit frischer, blütenweißer Bettwäsche bezieht. In Chumphon auf dem Bahnsteig geht es jetzt zu wie auf dem Markusplatz in Venedig. Vor nicht einmal 9 Jahren war ich die einzige, die damals dort ausstieg. Nun ist es ein beliebter Verkehrsknotenpunkt für Reisende nach Koh Samui, Koh Tao oder Koh Phangan im Golf von Thailand. Zum Glück reisen wir auf die andere Seite und sehen uns im Reisebus zu 80 % von Einheimischen umgeben. Am Busbahnhof in Ranong gehen wir bei unserer lieben Jai, die das Kiwi Orchid besitzt, ganz in Ruhe frühstücken und fühlen uns schon richtig heimisch. Natürlich hat sie in der Zwischenzeit schon die Bootstickets reserviert und fährt uns auch alsbald zum Pier.

Wir brauchen eine Pause. Wir müssen verarbeiten. Wir sind nicht mehr offen für Neues. Unsere Reisemüdigkeit kommt zur rechten Zeit. Wir sind auf "unserer" Insel. Unser Koh Chang bei Ranong auf der Andamanenseite Thailands gibt uns die Ruhe, die wir brauchen. Hier kennen wir jeden Weg, jedes Resort und treffen alte Bekannte. Diese kleine Insel ist schon seit vielen Jahren unser Domizil, wenn wir uns in Südostasien herumtreiben. Völlig unaufgeregt mit einem mittelmäßig schönen Strand und sehr einfachen Hütten ist Koh Chang eine der letzten Inseln, die noch keine Unterkünfte mit Aircondition oder gar Swimmingpool bietet. In den meisten Unterkünften gibt es Strom von 18:00-22:00 Uhr, und in den drei Bars trifft man sich bei chilliger Musik. Tagsüber wird die Hängematte überstrapaziert, am frühen Abend bietet sich Beachvolleyball an oder man erkundet das Inselinnere zu Fuß oder mit dem Rad. Wir bleiben zwei Wochen, verbringen Weihnachten und Silvester in unserem zweiten Zuhause. Nach nur drei Tagen kehrt fast so etwas wie Alltag ein. Die Regelmäßigkeit und das Vertraute tuen uns gut. Wir wollten erst nur 10 Tage bleiben, haben aber spontan verlängert. Am 5.1.2018 sind wir nun wieder bereit für neue Abenteuer. Wir freuen uns auf Indonesien und unser zweites Freiwilligenprojekt und alles, was sich dann noch anschließt.