Sonntag, 8. Oktober 2017

Albanien

„You want coffee?“ fragte er und 5 Minuten später sitzen wir bei Orestis Kokas und seiner Mutter auf der Couch. Dabei haben wir nur nach dem Weg gefragt. Jetzt bekommen wir Kaffee, Gebäck und Informationen über die besondere Region rund um Himarë. Hier sprechen die Menschen Griechisch und Albanisch, lernen es sogar in der Schule.
Wir sind nun schon fast eine Woche in diesem wunderschönen, bergigen Land, das bei vielen einen zu Unrecht schlechten Ruf hat. Nach unserer ersten Station am Shkodra-See, wo wir den komfortabelsten Campingplatz unserer bisherigen Reise(n) haben, fahren wir mit der Fähre über den Koman-Stausee nach Valbonë ins Gebirge. Die Anfahrt zur Fähre soll angeblich für „normale “ Fahrzeuge nicht machbar sein. Zugegeben, es wechselt sich die Angst, auf der Geröllpiste umzukippen, mit der ab, den Abhang hinunterzustürzen. Und als wir dann auch noch in einen stockfinsteren Tunnel fahren müssen, in dem kein Licht am Ende zu sehen ist, wird auch Dennis endlich mal nervös. Fahrzeuge kommen uns entgegen, obwohl im Tunnel nur Platz für ein Auto ist... Aber irgendwie wird unser Bussi wieder ans Licht und gleich danach auf die Minifähre manövriert. Die Anstrengung und Aufregung haben sich gelohnt: Wir sehen die albanischen Fjorde aus nächster Nähe und können uns gar nicht satt sehen an der Schönheit der Natur. In Valbonë wandern wir dann das Adrenalin ab und sind erstaunt, wie perfekt die ansonsten naturbelassenen Wanderwege markiert sind. Etwas zu kalt ist es um diese Jahreszeit für unseren Geschmack, sodass wir uns auch dieses Mal wieder gegen die Übernachtung im Nationalpark entscheiden. Wir wollen nur schnell wieder ins Tal etwas essen und einen Übernachtungsplatz finden. Schnell ist aber bei geschätzten 120 Serpentinen nicht möglich. Es ist bereits dunkel, als wir in einer Gaststätte einkehren, in der ich die einzige Frau bin. Nach kurzen neugierigen Blicken und einer freundlichen Begrüßung, interessiert das aber niemanden mehr. Bei traditioneller Musik probieren wir lokalen Wein und Bier und sind glücklich, dass der Inhaber ein besseres Englisch spricht als es uns bislang in Italien, Kroatien und Montenegro begegnet ist. Er findet sogar etwas Essbares für mich als Vegetarierin, obwohl die Speisekarte fast ausschließlich Fleisch enthält. Satt und erschöpft schlafen wir fast 10 Stunden auf dem Restaurantparkplatz.
Bei der Ankunft in Tirana gibt es zwei Dinge festzustellen: Jeder fährt wie er will (außer Ausländer) und Verkehrszeichen, Zebrastreifen und sogar Ampeln sind nur „Empfehlungen“. „Wenn man das beherzigt, dann fährt es sich recht entspannt“, meint Dennis. Ich finde Tirana auf Anhieb sympathisch. Ich bin und bleibe halt „Stadtpflanze“.  Auch wenn uns gestern noch überwiegend Eselstreiber und Schafhirten begegnet sind - diese Stadt ist in der Neuzeit mehr als angekommen. Nach einem kurzen Einkauf eines neuen Coffeemakers, da wir unsere Bodum verloren haben, kehren wir noch schnell in einem kleinen Foodmarket ein, denn wir haben nicht viel Zeit. Man erwartet uns bereits im Kinderheim in Elbasan. Wir haben vorher dort angefragt, ob wir kommen können und sind beim Koordinator, Marcid, auf Begeisterung gestoßen. Bei unserer Ankunft begrüßt er uns gemeinsam mit Schwester Susanna, die das Heim leitet. Uns wird ausführlich die Geschichte und die Struktur des Heimes erklärt und dann dürfen wir endlich die Kinder in ihren jeweiligen Wohngruppen kennenlernen. Der Anfang ist noch etwas verhalten. Die Kinder sind etwas schüchtern und wir noch nicht wirklich erfahren mit solchen Situationen. Aber beim gemeinsamen Volleyballspiel mit den Mädchen bzw. Fußball mit den Jungs, ist sofort das Eis gebrochen. Ab da kommen wir von einem Spiel zum nächsten und sind alle so ausgelassen, dass auch selbst Schwester Susanna in ihrer Ordenstracht übermütig mittobt. Gespendete Kuscheltiere und Malzeug, das nicht mehr ins Paket für das Kinderheim auf Bali gepasst hat, übergeben wir nun diesen Kindern und freuen uns mit ihnen. Am Abend werden wir zum gemeinsamen Essen eingeladen. Es gibt Brot, Pellkartoffeln, Margarine und Ölsardinen. Nach dem Essen wird wieder aufgedreht. Es wird getanzt, Haare geflochten, Musik gespielt, gesungen, und es wird spät. Zufrieden, aber mit etwas Traurigkeit verlassen wir am nächsten Morgen Elbasan. Es geht wieder ans Meer nach Himarë. Aber davon hab ich ja schon berichtet.

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