Mittwoch, 25. Oktober 2017

Iran

Freunde haben uns davor gewarnt. Familienmitglieder haben besorgt gefragt: „Wollt ihr da wirklich hin?“ Und wir wollten da wirklich hin. Nicht weil wir ignorant sind, denn schließlich haben wir die Türkei aus bekannten Gründen ausgelassen. Nein, wir haben darauf vertraut, dass die Berichte derer, die bereits da waren, stimmen. Und so ist es. Der Iran ist ein Land, in dem Gastfreundschaft nicht nur wichtig ist, sondern von allen gelebt wird.
Wir starten unser Abenteuer mit Rucksack und erstem Flug nach Teheran. Die Stadt erschlägt uns mit Menschen über Menschen. Dabei kennen und lieben wir Bangkok. Aber hier ist es anders. Der Verkehr ist überhaupt nicht geregelt. Albanien ist Verkehrskindergarten dagegen. Hier sind wir froh nicht selbst fahren zu müssen, denn man kann durchaus z. B. in einen Kreisverkehr oder in eine Einbahnstraße dem fließenden Verkehr entgegen fahren. Man muss nur Lichthupe geben und schon ist es offenbar für alle ok. Wahnsinn! Aber auch diesen überleben wir und fahren mit dem Zug nach Shiraz. 15 Stunden liegen vor uns und in unserem Abteil haben wir nur zwei Begleiter, sodass wir glücklich und zufrieden unsere Schuhe ausziehen und es uns gemütlich machen.  Einer unserer Begleiter tut es uns gleich und schon ist es so gar nicht mehr gemütlich. Ich halte es nicht aus und frage nach einem anderen Abteil. Dennis traut sich aus Respektgründen nicht. Mir ist es egal, ob wir in ein erstes Fettnäpfchen treten, denn mit dem Geruch kann niemand schlafen. Der Fahrgastbegleiter schaut mich mürrisch an und meint, er könne das nicht entscheiden. Ich müsse den Captain fragen. Auf dem Weg zu ihm verlässt mich beinahe der Mut. Ich zweifle daran, dass eine Frau im Iran etwas ausrichten kann. Aber sie kann. Den Rest der Zugfahrt verbringen wir in einem 4-Personen-Abteil, allein und ohne Aufpreis. Normalerweise zahlt man für alle vier Plätze, wenn man ein Abteil für sich allein haben will. Also auch mit Kopftuch wird Frau ernst genommen und ist als Kunde König. Apropos Kopftuch: Es wird heute nur noch wie ein modisches Accessoire benutzt, so scheint es. Es muss nur irgendwo am Kopf hängen - Hinterkopf reicht aus.
In Shiraz findet der Taxifahrer für uns eine kleine Oase, nachdem unser Wunschhotel uns nur Betten im Mixed-Dorm anbieten kann. Ja, auch das gibt es mittlerweile im Iran. Man will den Tourismus fördern. Die Stadt ist etwas ruhiger und wir bleiben daher für drei Nächte. Eine kostenlose Stadtführung bekommen wir von Hossein, den wir im Zug mit seiner Karatesportgruppe kennengelernt haben. Hossein hat mit seinen 15 Jahren sehr klare Vorstellungen und eine sehr westliche Weltanschauung. Wir halten uns beim Thema Islam zurück, merken aber sehr wohl, dass wir auf derselben Wellenlänge sind. Beim Stadtrundgang ist sein Vater, Hormuz, dabei, der uns nach kurzer Zeit und einem Anruf zu Hause zu sich zum Essen einlädt. Es ist ein toller Abend, mit vielen Hintergrundinformationen und traditionellem Essen. Es ist nur schwer, die Einladung zur Übernachtung auszuschlagen, Die Verabschiedung ist sehr herzlich. Fast so, als hätte man sich schon vor längerer Zeit kennengelernt.
Nach dieser Erfahrung in einer modernen iranischen Familie, wollen wir uns ein Bild vom Leben der Nomaden machen. Wir buchen eine Tour mit Übernachtung. Das allein ist schon eine Herausforderung, da es keine Travelagencys gibt, die so etwas anbieten. Dank TripAdvisor und Kommunikation über WhatsApp kommen wir zum Ziel. Und es ist ein einzigartiges Erlebnis. Auf 3000 Metern sitzen wir im Kreise einer Familie des Stammes der Kaschgai und werden verköstigt und mit volkstümlicher Musik unterhalten. Außer Hunde, Esel, Hühner und ca. 100 Ziegen, gibt es 7 Zicklein, von denen einige erst einen Tag alt sind. Es ist eine Atmosphäre, die man sich nicht vorstellen kann und von der wir sehr glücklich sind, sie erlebt zu haben. Wir schlafen in einem echten Nomadenzelt mit dicken Decken und glühenden Kohlen, denn es sind nur noch 10 Grad. Am Morgen geht es früh wieder zurück. Wir hätten noch eine weitere Familie besuchen können, aber die Neugier  ist gestillt und wir sind voller Eindrücke, dass wir diese lieber verarbeiten und unsere Erkältung auskurieren wollen. Denn es geht morgen mit Zwischenstopp in Dubai nach Indien. Unseren Plan, eine Iranische Insel anzusteuern, haben wir verworfen. Wir wollen nicht an getrennten Stränden baden, und bei 35 Grad macht die schönste Insel keinen Spaß, wenn man mit langer Kleidung herumlaufen muss. Außerdem geht uns das Bargeld aus und an den hiesigen ATMs gibt es für Ausländer kein Geld, da der Iran nicht ans internationale Bankensystem angeschlossen ist.
So freuen wir uns früher als geplant auf Indien, sind uns aber sicher, dass wir den Iran noch einmal bereisen werden. Hoffentlich in kurzer Kleidung.

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